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EU- oder nationales Recht: Rosinenpicken ist erlaubt
Das deutsche Umsatzsteuergesetz basiert auf der europäischen Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL). Dies hat für den deutschen Gesetzgeber weitreichende Konsequenzen: Er muss sich nämlich in dem Rahmen bewegen, den ihm das europäische Recht vorgibt.
Beispiel: In der MwStSystRL steht, dass der Regelsteuersatz in jedem Mitgliedstaat der EU mindestens 15 % betragen muss. Deutschland liegt mit 19 % "leicht" über diesem Mindestsatz. Es würde jedoch gegen EU-Recht verstoßen, wenn Deutschland den allgemeinen Steuersatz auf 14 % zu senken versuchte.
Verstoßen die Gesetze eines Mitgliedstaats gegen EU-Recht, können betroffene Unternehmer wählen,
- ob sie sich auf das europäische Recht berufen und damit die MwStSystRL anwenden oder
- ob sie bei der Anwendung des deutschen Rechts bleiben.
Sie können sich praktisch aussuchen, welche Regelung für sie günstiger ist. In dem (fiktiven) Beispiel von oben wäre es für den Unternehmer sicher günstiger, sich auf die 14-%-Regelung aus Deutschland zu berufen.
Bislang war umstritten, ob sich ein Betroffener bei einem einheitlichen Sachverhalt einmal auf die MwStSystRL und einmal auf das nationale Recht berufen darf. Diese "Rosinenpickerei" würde ja dazu führen, dass er sich aus beiden Welten das Beste heraussuchen und das Ungünstige umgehen kann. Daher lehnten einige Steuerrechtler diese Vorgehensweise ab. Der Europäische Gerichtshof hat sie jetzt aber gebilligt. Dass das rechtliche Ergebnis so weder aus der MwStSystRL abgeleitet werden kann noch aus dem nationalen Recht, spielt dabei keine Rolle. Es entsteht quasi eine gemischte Rechtslage.
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zum Thema: | Umsatzsteuer |