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Außergewöhnliche Belastungen: Wann ist eine Behandlungsmethode wissenschaftlich anerkannt?
Um Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastungen abrechnen zu können, müssen besondere Nachweiserfordernisse beachtet werden: Während das Finanzamt die Kosten für übliche Heilbehandlungen (z.B. eine Kariesbehandlung) in der Regel ohne besonderen Nachweis anerkennt, muss für Arznei-, Heil- und Hilfsmittel (z.B. Hörgerät) die Verordnung eines Arztes oder Heilpraktikers vorgelegt werden.
Für bestimmte andere Krankheitskosten wie beispielsweise wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethoden gelingt ein Kostenabzug sogar nur, wenn der Steuerbürger ein (positives) amtsärztliches Gutachten oder eine Bescheinigung des medizinischen Dienstes der Krankenversicherung vorlegt, die vor Beginn der Heilmaßnahme ausgestellt worden ist.
Einen solchen qualifizierten Nachweis forderte kürzlich auch ein Finanzamt aus Baden-Württemberg in einem Fall, in dem eine Steuerzahlerin am sogenannten Reiterhosensyndrom (Lipödem) litt. Sie hatte die Kosten für die operative Behandlung (Liposuktion) von 12.000 EUR als außergewöhnliche Belastungen in ihrer Steuererklärung abgerechnet und eine amtsärztliche Bescheinigung beigelegt, wonach die Operation jedoch nicht als Behandlungsmethode des vorliegenden Störungsbildes anerkannt war und aus medizinischer Sicht als nicht notwendig angesehen wurde. Finanzamt und Finanzgericht (FG) hatten den Kostenabzug abgelehnt und darauf verwiesen, dass eine wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethode vorlag, für die der erforderliche qualifizierte Nachweis fehlte.
Der Bundesfinanzhof verwies die Sache nun jedoch zur anderweitigen Verhandlung zurück an das FG. Die Bundesrichter erklärten, dass erst einmal geklärt werden muss, ob es sich tatsächlich um eine wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethode handelt. Diese Einordnung hatte das FG vorschnell auf Grundlage der Aussagen im amtsärztlichen Attest vorgenommen, was jedoch keine tragfähige Tatsachengrundlage ist. Ob eine Methode wissenschaftlich anerkannt ist, muss sich vielmehr danach richten, ob die große Mehrheit der einschlägigen Ärzte und Wissenschaftler die Behandlungsmethode befürwortet und ein Konsens über die Zweckmäßigkeit der Therapie besteht. Kommt das FG mit eigener Fachkenntnis in dieser Frage nicht weiter, muss es gegebenenfalls ein Sachverständigengutachten einholen.
Hinweis: Betroffene Bürger können aus dem Urteil ableiten, dass allein aus einem ablehnenden amtsärztlichen Attest nicht geschlossen werden kann, eine Behandlungsmethode sei wissenschaftlich nicht anerkannt und bedürfe daher eines qualifizierten Nachweises. Vielmehr muss hierzu ein breiteres Meinungsbild eingeholt werden (z.B. aus Fachaufsätzen, Sachverständigengutachten etc.).
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