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Überraschungsentscheidung: Finanzgericht muss Urteil zurücknehmen
Im Privaten lässt man sich manchmal gerne überraschen, vor Gericht sind derart unerwartete Momente aber meist eher unerwünscht. Stützt ein Gericht sein Urteil auf einen völlig neuen - bislang unerwähnten - Gesichtspunkt und gibt es dem Rechtsstreit damit eine gänzlich unerwartete Wendung, spricht man von einer sogenannten Überraschungsentscheidung, die den Anspruch der Verfahrensbeteiligten auf rechtliches Gehör verletzt und daher keinen Bestand haben darf.
Hinweis: Die Beteiligten des Verfahrens haben das Recht, sich vor dem Urteil zu den entscheidungserheblichen Tatsachen des Falls zu äußern und sämtliche rechtlichen Aspekte vorzutragen, die sie für wesentlich halten. Stellt das Gericht in seiner Entscheidung auf vollkommen neue entscheidungserhebliche Umstände ab, wird den Beteiligten dieses Recht genommen.
Wie eine solche Überraschungsentscheidung aussehen kann, zeigt ein neuer Fall des Bundesfinanzhofs (BFH), in dem ein Geschäftsführer mit seinem Finanzamt um die Frage stritt, ob er einen Betrag von 100.000 EUR, den er über einen (Schein-)Darlehensvertrag erhalten und niemals zurückgezahlt hatte, als sonstige Einkünfte versteuern muss. Das Amt ging davon aus, dass er diesen Betrag als Bestechungsgeld für seine Mitwirkung an einem umsatzsteuerlichen Karussellgeschäft erhalten hatte. Nachdem die Prozessparteien im finanzgerichtlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung ausschließlich über die Versteuerung als sonstige Einkünfte gestritten hatten, folgte die Überraschung: Das Finanzgericht (FG) gab der Klage des Geschäftsführers statt und beurteilte den Vorgang plötzlich als einkommensteuerlich irrelevante Schenkung.
Der BFH stufte dieses Urteil nun als unzulässige Überraschungsentscheidung ein und verwies darauf, dass eine Einordnung als Schenkung im vorherigen Verlauf des Verfahrens überhaupt nicht zur Sprache gekommen sei, so dass sich die Prozessparteien hierzu nicht hätten äußern können. Die Bundesrichter zogen hierzu die ausgetauschten Schriftsätze sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung heran.
Hinweis: Das FG muss den Fall nun in einem zweiten Rechtsgang neu aufrollen. Nach den Hinweisen des BFH erscheint eine Einordnung als Schenkung sehr fraglich, da keine Anhaltspunkte für eine vorhandene Schenkungsabsicht vorlagen.
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