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Einheitswert: Ist der Rückbezug auf den 01.01.1964 verfassungswidrig?

Wie hoch die Grundsteuer für bebaute und unbebaute Grundstücke ausfällt, hängt maßgeblich vom Einheitswert ab, den die Finanzämter für die Immobilie festgestellt haben. Dieser Wert ist auch für die Gewerbesteuer relevant, denn für Betriebsgrundstücke wird der Gewerbeertrag um 1,2 % des Einheitswerts gekürzt.

Da die Einheitswerte auf Grundlage der Wertverhältnisse zum 01.01.1964 (alte Bundesländer) bzw. 01.01.1935 (neue Bundesländer) festgestellt worden sind (Hauptfeststellungszeitpunkt), weichen sie mittlerweile stark von den tatsächlichen Wertverhältnissen auf dem Immobilienmarkt ab. Weitere Hauptfeststellungen sind in der Folgezeit wegen des hohen Aufwands unterblieben.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat den Rückbezug auf die veralteten Wertverhältnisse in einem neuen Beschluss scharf kritisiert. Das Gericht hält die Vorschriften über die Einheitsbewertung (spätestens) ab dem Bewertungsstichtag 01.01.2009 für verfassungswidrig und hat daher das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) angerufen. Folgende Aspekte des Vorlagebeschlusses sind hervorzuheben:

Der BFH erklärt, dass es seit dem Feststellungszeitpunkt 01.01.2009 nicht mehr mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine gleichheitsgerechte Ausgestaltung des Steuerrechts vereinbar ist, noch immer die veralteten Wertverhältnisse zugrunde zu legen. Durch den Verzicht auf weitere Hauptfeststellungen in der Folgezeit sei es nach Anzahl und Ausmaß zu verfassungswidrigen Wertverzerrungen bei den Einheitswerten gekommen. Die seit 1964 erfolgte rasante städtebauliche Entwicklung gerade im großstädtischen Bereich, die Fortentwicklung des Bauwesens sowie andere tiefgreifende Veränderungen am Immobilienmarkt werden nach Gerichtsmeinung nicht mehr angemessen im Einheitswert abgebildet.

Der BFH ist allerdings nicht der Meinung, dass das Niveau der Grundsteuer insgesamt zu niedrig ist und angehoben werden müsste. Dem Gericht geht es vielmehr darum, dass die einzelnen wirtschaftlichen Einheiten innerhalb einer Gemeinde im Verhältnis zueinander realitätsgerechter bewertet werden. Nur eine solche Bewertung kann nach Gerichtsmeinung gewährleisten, dass die Grundsteuerbelastung sachgerecht ausgestaltet und mit dem Gleichheitssatz vereinbar ist.

Abzuwarten bleibt, ob das BVerfG die Einheitsbewertung ähnlich kritisch beurteilen wird. Durch den Vorlagebeschluss werden Finanzämter und Städte momentan nicht daran gehindert, weiterhin Einheitswert-, Grundsteuermess- und Grundsteuerbescheide zu erlassen sowie die Grundsteuer beizutreiben. Die entsprechenden Bescheide werden jedoch für vorläufig zu erklären sein.

Hinweis: Der Vorlagebeschluss bezieht sich zwar nicht auf die Bewertung des Grundvermögens in den neuen Bundesländern, in denen die Wertverhältnisse zum 01.01.1935 maßgeblich sind. Da Letztere aber noch veralteter sind als in den alten Bundesländern, müssen die Entscheidungsgründe des BFH hier erst recht gelten.

Information für: Hausbesitzer
zum Thema: übrige Steuerarten

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