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Steueränderungen: Rückwirkung kann auch in offenen Fällen verfassungswidrig sein
Immer öfter geht der Fiskus dazu über, geänderte Steuervorschriften in allen noch nicht bestandskräftigen Bescheiden mit der Begründung anzuwenden, es handele sich nur um eine Klarstellung der alten Rechtslage. Mit dieser Maßnahme hebelt er für Steuerzahler günstige Urteile des Bundesfinanzhofs im Nachhinein wieder aus.
Jetzt sorgt das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) aber für mehr Klarheit in Sachen Rückwirkung von Steuergesetzen:
- Die Anwendung neuer Regelungen auf Vorgänge, die vor der Gesetzesverkündung oder vor Bekanntgabe der Ergebnisse eines Vermittlungsverfahrens zwischen Bundestag und Bundesrat schon abgeschlossen waren (echte Rückwirkung), verstößt gegen den Vertrauensschutz und ist insoweit verfassungswidrig.
- Dagegen sind rückwirkende Änderungen für noch laufende Veranlagungszeiträume als unechte Rückwirkung zwar grundsätzlich zulässig. Doch muss der Gesetzgeber hier besondere Anforderungen an den Vertrauensschutz der Bürger und an die Verhältnismäßigkeit zwischen dem Nutzen der Neuregelung für die Allgemeinheit und dem Vertrauen des Einzelnen auf die Fortgeltung der alten Rechtslage erfüllen. Eine Enttäuschung ihres schutzwürdigen Vertrauens müssen Steuerzahler also nur hinnehmen, soweit die Rückwirkung aufgrund besonderer öffentlicher Interessen verhältnismäßig und gerechtfertigt ist.
Das Vertrauen in den Fortbestand der Rechtslage wird durch die Einbringung eines Gesetzentwurfs im Bundestag in Frage gestellt und grundsätzlich durch den endgültigen Beschluss des Bundestags über das rückwirkende Gesetz zerstört. Das gilt entsprechend für Regelungen, die erstmals im Vermittlungsverfahren vorgeschlagen und durch Beschluss des Vermittlungsausschusses in ein Gesetz eingefügt werden.
Für die Frage, ab wann eine Neuregelung konkret absehbar ist, stellt das BVerfG hier auf den Beschluss des Vermittlungsausschusses ab. Auf Vorgänge, die bis zum Tag der Beschlussempfehlung abgeschlossen sind, kann sich eine rückwirkend eingeführte nachteilige Steuernorm also nicht mehr auswirken. Hier geht der Vertrauensschutz vor. Die rückwirkende Besteuerung späterer Vorgänge ist dagegen zulässig.
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