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Höhe des gesetzlichen Zinssatzes: 6 % pro Jahr sind (noch) nicht verfassungswidrig
Wenn sich der Fiskus Steuerbeträge verzinsen lässt, gilt der gesetzliche Zinssatz von 6 % pro Jahr. Diese Verzinsung bekommen beispielsweise Bürger zu spüren, denen das Finanzamt zunächst eine Aussetzung der Vollziehung (AdV) von strittigen Steuerbeträgen gewährt hat. Geht der Rechtsstreit später zu Lasten des Steuerbürgers aus, muss er den "eingefrorenen" Steuerbetrag samt 6%iger Verzinsung pro Jahr nachzahlen.
Bei folgender Betrachtung, nämlich dass die AdV-Verzinsung eigentlich nur den Vorteil abschöpfen soll, der dem Steuerbürger durch die zwischenzeitliche Anlage der Geldsumme zuteil wird, offenbart sich ein Ungleichgewicht: Die am Markt erzielbaren Anlagezinsen erreichen derzeit bei Weitem nicht das 6-%-Niveau, so dass häufig mehr als nur der erzielte Zinsvorteil abgeschöpft wird. Es stellt sich also die Frage, ob der Gesetzgeber angehalten ist, den gesetzlichen Zinssatz an das niedrigere Marktzinsniveau für Geldanlagen anzupassen.
Der Bundesfinanzhof (BFH) sieht in einem neuen Urteil noch keinen Handlungsbedarf und stuft die Höhe des gesetzlichen Zinssatzes für Zeiträume bis März 2011 als verfassungsgemäß ein. Von einer Vorlage der Frage an das Bundesverfassungsgericht sahen die Bundesrichter daher ab. Folgende Überlegungen leiteten das Gericht dabei:
- Der gesetzliche Zinssatz darf nicht nur mit dem aktuellen niedrigen Zinssatz für Geldanlagen verglichen werden, vielmehr muss auch der Darlehenszinssatz in die Betrachtung einfließen (Zinsen können auch zugunsten des Steuerbürgers gezahlt werden). Für Konsumentenkredite an private Haushalte lag der Effektivzinssatz aber beispielsweise zwischen 5,32 % und 7,14 %. Dieser Vergleich zeigt, dass sich der gesetzliche Zinssatz noch im Rahmen der wirtschaftlichen Realität bewegt.
- Der BFH erklärte, dass sich das Marktzinsniveau erst nach dem streitgegenständlichen Verzinsungszeitraum (ab März 2011) auf dauerhaft niedrigem Niveau stabilisiert hat, so dass im Urteilsfall offenbleiben konnte, ob der Gesetzgeber aufgrund dieser einschneidenden wirtschaftlichen Veränderung zu einer Herabsetzung des gesetzlichen Zinssatzes angehalten war.
Hinweis: Auch wenn der 6%ige Zinssatz im Urteilsfall noch als verfassungsgemäß eingestuft wurde, zeigt die Entscheidung, dass der BFH für Zeiträume ab März 2011 zumindest von einem dauerhaft niedrigen Zinsniveau ausgeht. Dies könnte der erste Schritt zu der Erkenntnis sein, dass der gesetzliche Zinssatz für neuere Zeiträume tatsächlich zu hoch bemessen ist. Eine Klärung dieser Frage kann von zukünftigen Verfahren erwartet werden, denen aktuellere Verzinsungszeiträume zugrunde liegen. Auch eigenständige Klagebemühungen scheinen angesichts der Ausführungen des BFH nicht chancenlos zu sein.
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