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Zustellung eines Gerichtsurteils: Auch bei Pandemielage müsste der Postbote eigentlich klingeln

Für die Zustellung von Gerichtsentscheidungen und besonders wichtiger Verwaltungspost schreibt die Zivilprozessordnung (ZPO) strenge Regelungen vor. Die Postsendung darf demnach nur dann vom Postboten in den Briefkasten eingelegt werden, wenn der Empfänger nicht angetroffen werden konnte und auch eine Übergabe an erwachsene Familienangehörige, Haushaltsbedienstete oder andere Beschäftigte nicht gelungen ist.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat jetzt entschieden, dass eine förmliche Zustellung durch Einwurf in den Briefkasten unwirksam ist, wenn der Postbote zuvor nicht versucht hat, die Postsendung persönlich zu übergeben. Er muss also zunächst an der Wohnung oder den Geschäftsräumen klingeln. Nach Auffassung des Gerichts gilt dies auch während der Corona-Pandemie.

Im zugrunde liegenden Fall hatte ein Postzusteller ein Gerichtsurteil an einem Samstag (während der Corona-Pandemie) in den Briefkasten einer Steuerberatungskanzlei eingeworfen. Die Mitarbeiter der Kanzlei hatten den Briefkasten jedoch erst am darauffolgenden Montag geleert und ausgehend von diesem Tag die einmonatige Frist zur Einlegung der Revision berechnet. Nachdem ihre Revision kurz vor Ablauf dieser Frist eingelegt worden war, stufte die Senatsgeschäftsstelle des BFH sie zunächst als verfristet ein, da sie die Fristberechnung ausgehend vom Tag des Briefeinwurfs vorgenommen hatte.

Im Zuge des Verfahrens vernahm der BFH den damals zuständigen Postboten. Dieser erklärte, dass er von seinen Vorgesetzten mündlich angewiesen worden sei, in Zeiten der Corona-Pandemie kontaktlos zuzustellen und insbesondere auf ein Betätigen der Klingel vor dem Einlegen der Sendung in den Briefkasten zu verzichten. So habe er es auch an dem hier fraglichen Tag gehandhabt. Der BFH stufte diese Aussage als glaubhaft ein, erklärte allerdings, dass diese Vorgehensweise nicht den Anforderungen an eine förmliche Zustellung entsprach. Für Zeiten der Corona-Pandemie hatten weder Bundes- noch Landesgesetzgeber pandemiebedingte Erleichterungen für die Zustellung geschaffen, so dass die ZPO-Vorschriften "in Reinform" fortgalten. Eine wirksame Zustellung durch Einlegen in den Briefkasten kann somit nur erfolgen, wenn zuvor erfolglos versucht worden ist, die Briefsendung persönlich zu übergeben.

Hinweis: Die Frist zum Einlegen der Revision war demnach tatsächlich erst ab Montag, dem Tag der Briefkastenleerung durch die Kanzleimitarbeiter, zu berechnen, so dass die Revision am Ende noch rechtzeitig eingelegt worden war.

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